Fair P(l)ay - Mit dem Apps with love Lohnmodell in eine zukunftsfähige Arbeitswelt

09. April 2024 - von Till Könneker

In diesem Artikel möchte ich auf die aktuelle Arbeitswelt blicken und darauf, wie faire und transparente Lohnstrukturen Unternehmen zukunftsfähig machen können. Im Interview-Teil teilen drei Unternehmen ihre Erfahrungen bei der Einführung und Adaption des Apps with love Lohnmodells.

Seit seiner Einführung im Jahr 2017 hat das Apps with love Lohnmodell weitreichendes Interesse geweckt. Faire und transparente Lohnkriterien werden immer mehr zu Schlüsselfaktoren für Arbeitssuchende. Doch auch für Unternehmen können sich daraus signifikante Vorteile ergeben. Apps with love konnte seit der Implementierung des Modells Kosten von mehreren hunderttausend Franken einsparen. Dies wurde durch effizientere Mitarbeitendengespräche ohne Lohnverhandlungen und einen reduzierten administrativen Aufwand bei den Gehaltsabrechnungen erreicht, während gleichzeitig durch Automatisierung die Fehlerquote bei der Bearbeitung der Lohnläufe gesenkt und eine präzise Vorausschau auf die Lohnkosten ermöglicht wurde.

Arbeiten mit Wert

Wir befinden uns in einer neuen Ära der Arbeitswelt, geprägt von vielen Erwartungen an den Job und den Arbeitsplatz. Eine neue Generation, für die Diversität, Inklusion und eine faire, transparente Arbeitskultur nicht nur Wünsche, sondern Voraussetzungen sind, tritt in den Arbeitsmarkt ein. Sie suchen nach Arbeitsplätzen, die nicht nur berufliche, sondern auch persönliche Entwicklung fördern, die Spass, Herausforderungen, aber auch Sinnhaftigkeit bei der Arbeit bieten können.

In diesem Kontext spielen faire Lohnkriterien und Transparenz im Unternehmen eine entscheidende Rolle. Sie sind nicht nur Zeichen einer gerechten und ethisch handelnden Organisation, sondern steigern auch das Vertrauen, das einem Unternehmen entgegengebracht wird. Durch klare, verständliche und öffentlich zugängliche Gehaltsstrukturen fühlen sich Mitarbeitende wertgeschätzt und fair behandelt. Dies fördert das Vertrauen und die Bindung an das Unternehmen, was zu weniger Abgängen führt.

Eine Kultur des offenen Dialogs und der Transparenz ermöglicht es zudem, dass sich alle Mitarbeitenden als integraler Bestandteil des Unternehmens fühlen. Wenn Mitarbeitende verstehen, wie ihre Arbeit zur Mission des Unternehmens beiträgt und wie sie persönlich wachsen und sich weiterentwickeln können, wird die Arbeit selbst eher zu einem Ort der Selbstverwirklichung und des persönlichen Engagements.

Wir stehen somit vor der Herausforderung, Arbeitsplätze zu schaffen, die nicht nur wirtschaftlichen Erfolg anstreben, sondern auch eine Kultur der Wertschätzung, des Respekts und der gemeinschaftlichen Entwicklung fördern. Unternehmen, die diesen Wandel anführen und integrieren, werden nicht nur Talente anziehen, sondern auch loyale, motivierte und leistungsfähige Teams aufbauen, die bereit sind, sich den Herausforderungen der Zukunft zu stellen.

Play Fail Learn - Time to Play bei Apps with love
Time to Play

Das Apps with love Lohnmodell

Das Apps with love Lohnmodell steht exemplarisch für einen Ansatz, der Transparenz, Fairness und eine inklusive Unternehmenskultur in den Mittelpunkt stellt.

Traditionelle Lohnstrukturen, die oft hierarchisch und intransparent sind, stossen in der heutigen Arbeitswelt zunehmend auf Ablehnung. Mitarbeitende fordern mehr Einblick in die Entscheidungsprozesse und Gehaltsfindung.

Das Apps with love Lohnmodell ermöglicht nachvollziehbare Lohnstrukturen, eine bis weit in die Zukunft sichtbare Lohnentwicklung und planbare Lohnsummen. Das Lohnmodell basiert auf einem Grundlohn und Zusatzkriterien, die den Grundlohn individuell ergänzen. Dafür müssen Kriterien gefunden werden, die für alle Mitarbeitenden gleich sind, eine qualitative Aussage haben und nicht verhandelbar sind. 
Das können beispielsweise Ausbildung, Treue, Verantwortung und Facherfahrung sein. 

In einem ersten Schritt schätzen die Mitarbeitenden ihre Kriterienstufen auf dem Modell selber ein. Beim Einstellungsgespräch werden die Lohnkriterien gemeinsam durchgegangen und festgelegt, in welcher Stufe sich die Mitarbeitenden momentan befinden. Die Lohnentwicklung passiert dann automatisch auf den Grundlagen von Einstellungsdatum, Pensum und den festgelegten Stufen.

Ein fiktives Beispiel zur Veranschaulichung:

Grundlohn 5000.- 

+ Ausbildung: Bachelor 300.- 

+ Verantwortung: Teilverantwortung 800.-

+ Erfahrung: 2 Jahre Facherfahrung 200.- 

+ Treue: 3 Jahre Treue 400.-

= Total Lohnsumme 6700.-

Apps with love Lohnmodell Muster

Das Apps with love Lohnmodell zielt darauf ab, willkürliche Gehaltsverhandlungen und Intransparenz zu eliminieren, indem es eine transparente, faire und nachvollziehbare Struktur bietet. Es wird nicht mehr nach Verhandlungsgeschick und Einschätzungen bewertet, sondern nach Fakten.

Es verschafft eine Übersicht darüber, wie sich der aktuelle Lohn zusammensetzt und in Zukunft entwickeln wird. Es zeigt auch zukünftige Ereignisse an, wie beispielsweise ein Treuebonus oder wann man in die nächste Stufe (Lohnerhöhung) springt.

Für Unternehmen bedeutet das, dass die Lohnkosten und zukünftige Ausgaben für Anstellungen realistisch geplant werden können und untereinander stimmig sind. 

Die Zahlen und Module im Modell können jederzeit angepasst werden. Für verschiedene Teams könnte beispielsweise der Grundlohn spezifisch angepasst werden, um marktgerechte Löhne zu bekommen. Der modulartige Aufbau ermöglicht massgeschneiderte Lohnkriterien, welche laufend an die Anforderungen des Unternehmens und der Mitarbeitenden angepasst werden können.

Mensch vs Modell

Das Apps with love Lohnmodell basiert auf dem Ansatz, dass eine faire und objektive Lohnbestimmung am besten erreicht wird, wenn das Modell selbst und nicht einzelne Personen die Gehälter festlegen. Ein solcher Ansatz minimiert die subjektiven Einflüsse und mögliche Verzerrungen, die bei traditionellen verhandlungsbasierten Ansätzen auftreten können.

Wir versuchen also den Menschen so gut wie möglich aus dem Entscheidungsprozess der Lohnfindung zu entfernen, um objektivere und faire Anstellungsbedingungen zu gewährleisten. Umso wichtiger ist der menschliche Faktor bei der Auswahl der Kandidat*innen

Es sollte Wert darauf gelegt werden, Personen einzustellen, die nicht nur fachlich, sondern auch menschlich gut zum Unternehmen und den Teams passen.

Beim Mitarbeitenden- oder Einstellungsgespräch können wir uns voll auf die Qualifikationen, Entwicklungs- und menschlichen Aspekte konzentrieren. Die Lohnfrage tritt bewusst in den Hintergrund, da sie für alle gleich und fair durch das Modell bestimmt wird.

Apps with love office Bern
Applications avec Love Office Basel
Apps with Love Office Basel
Apps with love Office Bern und Basel

Von Work-Life-Balance zu Work-Life-Blending
Das Modell für die neue Generation?

Mit dem Eintritt der Generation Z in den Arbeitsmarkt erleben wir eine weitere Verschiebung in den Erwartungen und Präferenzen gegenüber der Arbeitswelt. Geboren zwischen Ende Neunzigerjahre und bis in die späteren Nullerjahre, zeichnet sich diese Generation durch ihre tiefgreifende Vertrautheit mit der digitalen Welt aus. Von Kindesbeinen an mit einem Überfluss an digitalen Informationen aufgewachsen, verschmelzen die reale und die digitale Welt nahtlos miteinander. Für sie sind digitale Tools ein natürlicher Teil ihres Lebens und eine Erweiterung ihrer selbst.

Die Werte und Erwartungen der Generation Z an die Arbeitswelt unterscheiden sich von denen früherer Generationen. Sie standen oft im Mittelpunkt der Familie, ihre Meinungen wurden gehört und ihr Selbstbewusstsein gestärkt. Dies prägt auch ihre Vorstellung von Arbeit: Für sie zählen das Gehalt oder der Status nicht so sehr wie die Möglichkeit, sich selbst zu verwirklichen, Spass an der Arbeit zu haben, in einem guten Arbeitsklima zu arbeiten und ein Arbeitsumfeld zu finden, das zu ihnen passt.

Es geht nicht mehr so sehr darum, eine Work-Life-Balance zu finden, sondern die Arbeit und Privatleben miteinander zu verschmelzen. Bei Work-Life-Blending geht es darum, dass man die Flexibilität hat, seine Arbeit, die eigenen Interessen und das Privatleben so zu gestalten, dass sie harmonisch ineinander greifen. Die Digitalisierung spielt hierbei eine wichtige Rolle, da sie es ermöglicht, überall zu arbeiten – sei es unterwegs, im Büro, im Homeoffice, remote oder in einem hybriden Modell. 

Dadurch können Arbeitszeiten flexibler gestaltet und besser an die eigenen Bedürfnisse und Prioritäten angepasst werden. Die Motive hinter dem Wunsch nach Work-Life-Blending sind oft das Streben nach mehr Selbstbestimmung und Eigenverantwortung im Alltag.
Da jeder Mensch individuelle Ansprüche hat und sich in unterschiedlichen Lebenssituationen befindet, empfiehlt es sich für Unternehmen, die Bedürfnisse aller Mitarbeitenden regelmässig nachzufragen und allen eine passende Balance, oder eben ein «Blending» zu ermöglichen.

Aus eigener Erfahrung (in einer Digital Agentur) ist eine Anwesenheit im Office von 3 Tagen ideal, um mit dem Team und der Unternehmenskultur in Verbindung zu bleiben und gemeinsam zu arbeiten. Während Mitarbeitende zuhause arbeiten, sparen sie ausserdem Zeit beim Arbeitsweg, die sie für Familie, Reflexion oder Haushalt nutzen können, was wiederum die Lebensqualität und schlussendlich die Zufriedenheit fördert.

Wir müssen also Arbeitsumgebungen schaffen, die nicht nur die Fähigkeiten neuer Generationen nutzen, sondern auch ihre Suche nach Sinn und Erfüllung in ihrer Arbeit unterstützen. Unternehmen müssen sich an neue Bedürfnisse anpassen und sich ständig weiterentwickeln, um junge Talente anzuziehen und halten zu können.

Quellen: 

https://www.agentur-jungesherz.de/generation-z/
https://www.kalaidos-fh.ch/de-CH/Blog/Posts/2023/12/HR-Management-1068-Work-Life-Blending-Trend-oder-Arbeitsform-der-Zukunft

Apps with love VR Office
Apps with love Office Bern
Apps with love Office Bern

Das Apps with love Lohnmodell passt sich an

In einer globalisierten Arbeitswelt wird es für Unternehmen wichtiger, sich als attraktive Arbeitgeber*innen zu positionieren. Das Lohnmodell von Apps with love ist ein starkes Werkzeug, um auf die sich wandelnden Anforderungen der modernen Arbeitswelt zu reagieren. Es bietet nicht nur Lösungen für aktuelle Herausforderungen wie Gehaltstransparenz und Gleichberechtigung, sondern setzt auch Standards für die Unternehmenskultur, die den Bedürfnissen und Erwartungen der heutigen und zukünftigen Arbeitskräfte entsprechen. 

Das Lohnmodell lässt sich beliebig auf die Gegebenheiten und Strukturen anderer Unternehmen anpassen, nicht nur bei den Lohnsummen, sondern auch bei den Kriterien.
Es kann somit als Vorbild für andere Unternehmen dienen, die eine zukunftsfähige und mitarbeitendenorientierte Unternehmenskultur fördern und die Lohnprozesse automatisieren und vereinfachen möchten. Dies erfordert nicht nur eine offene Grundhaltung, sondern auch die Bereitschaft, traditionelle Strukturen zu überdenken und neue Wege in der Mitarbeitendenführung und -entlöhnung zu gehen. Darüber hinaus ist die kontinuierliche Anpassung und Überprüfung der Modelle entscheidend, um sie an die dynamische Entwicklung der Arbeitswelt anzupassen. 

Zukunft

Wir arbeiten momentan daran, das Lohnmodell als Online-Tool weiterzuentwickeln, damit die Erstellung, das Durchrechnen und der Betrieb in einem Unternehmen mit allen nötigen Anbindungen noch einfacher wird. Dazu bleiben wir stetig im Austausch mit anderen Unternehmen, damit diese Lohnmodell-Plattform einfacher adaptierbar wird. Durch die Implementierung als Software-Tool kann insbesondere bei der Erstellung und dem Testen des Modells Zeit gespart und im Betrieb vieles automatisiert werden. Das wiederum senkt die Fehlerquelle bei den Lohnläufen und spart schlussendlich Geld.

Apps with love HR Award
Swiss HR Award in der Kategorie Kultur und Wandel für das unser Lohnmodell

Das Lohnmodell im Einsatz - Interview

Ich habe drei unterschiedliche Betriebe, welche das Apps with love Lohnmodell für sich bereits adaptiert und in Betrieb haben, über ihre Erfahrungen und Herausforderungen befragt.

Pascal Fotsch vom Ingenieur- und Beratungsbüro für Energieeffizienz, Nachhaltigkeit und Bauphysik, Lemon Consult AG

Tobias Castagna vom Nationalen Testinstitut für Cybersicherheit (NTC)

Graziella Eicher vom Zürcher Konzertlokal Moods


Till (Apps with love): Warum habt ihr euch dazu entschieden, das Apps with love Lohnmodell zu übernehmen und wie habt ihr es auf euer Unternehmen zugeschnitten?

Pascal (Lemon Consult): Eine klare Struktur im Baukastensystem (wie Legosteine), welche Orientierung und Transparenz über Verantwortungen schafft, wollten wir schaffen. Mitarbeitende werden nach Funktion, Ausbildung, Facherfahrung und Treue entlöhnt. Apps with love hatte hier eine wertvolle Grundlage mit uns geteilt.

Tobias (NTC): Es handelt sich um ein transparentes und einfaches Modell zur Festlegung der Löhne nach objektiven Kriterien. Alle wissen, welche Kriterien berücksichtigt werden und wie diese gewichtet werden. Die jeweiligen Löhne werden nicht bekannt gegeben, aber das Modell, nach dem sie festgelegt werden, ist transparent.

Graziella (Moods): Das Modell ist recht simpel und einfach nachvollziehbar. Es wurde auf unseren Betrieb so zugeschnitten, dass bei uns das, was wichtig ist, ins Zentrum gestellt wurde. Wir müssen auch am Abend arbeiten, somit ist bei uns der “Abendeinsatz” einer dieser Bausteine. Ebenso wird die Erfahrung mehr gewichtet als beispielsweise die Ausbildung.

 

Till: Welche Auswirkungen hatte die Übernahme und Adaption des Apps with love Lohnmodells auf die Rekrutierung neuer Mitarbeitenden und die Talentbindung?

Pascal: Wir haben viel ruhigere Situationen, wenn es um die Lohndefinition geht. Die potentiellen Kandidat*innen verstehen das Modell von Beginn weg. Bei grossen Gaps bleiben wir konsequent (auch wenn wir unbedingt jemanden brauchen) und diskutieren vielmehr über Funktionen / Rollen und Aufgaben. Das Modell ist ein erster Kultur-Kompatibilitätstest. Entweder es wird von potentiellen neuen Mitarbeitenden getragen oder eben nicht. Auch bei den MA-Entwicklungsgesprächen hilft das Modell als Orientierung sehr gut. Es wird über notwendige Entwicklungen gesprochen um eine nächste Funktionsstufe zu erlangen.

Tobias: Das Modell wird sehr gut angenommen. Damit werden willkürliche Lohnfestsetzungen vermieden.

Graziella: Neue Mitarbeitende haben sehr positiv auf das Lohnmodell reagiert. Sie wissen gleich von Anfang an, was sie erhalten und wie sich ihr Lohn zusammensetzt. Bis jetzt hatten wir dadurch auch keine Lohnverhandlungen. Aber es sprangen uns deswegen ab und zu auch Interessent*innen ab, weil es nicht ihrer Vorstellung entsprach und sie wussten, dass eine Lohnverhandlung keine Option ist.

 

Till: Hat sich die Einführung des Lohnmodells auf die Unternehmenskultur und Mitarbeitendenzufriedenheit ausgewirkt?

Pascal: Ich finde, dass die Einführung des Modells die Werte von Lemon gut abbildet und dadurch eine grosse Akzeptanz bei der Belegschaft hat. Insgesamt ist durch die Verlagerung der Diskussion von Lohnhöhe auf Funktion/Verantwortung viel Ruhe und Vertrauen eingekehrt.

Tobias: Bis jetzt gab es nur positive Rückmeldungen.

Graziella: Ja und nein. Einerseits ist Lohn nicht mehr so ein Thema bei den Mitarbeitenden, andererseits wird das Modell kritisiert – zu Recht. Es gibt noch Verbesserungspotenzial. Wir haben bei uns auch das Problem, dass wir als nicht-profitorientierter Betrieb nicht sehr hohe Löhne zahlen können, nicht jedes Jahr allfällige Teuerungen weitergeben können und somit die Unzufriedenheit über den Lohn bei einigen auch mit dem Modell weiterhin besteht.

Till: Welche Herausforderungen sind bei der Implementierung aufgetreten, und wie wurden diese bewältigt?

Pascal: Bei Differenzen (ursprünglicher Lohn höher als das Modell ergibt) haben wir ein Freezing eingeführt, also keine Rückstufung. In mehreren Schritten haben wir Zwischenstufen eingeführt und das Lohnmodell überarbeitet. So konnten wir eine schnellere Entwicklungszeit erreichen. Es bestand die Gefahr, dass die Mitarbeitenden zu lange keine Entwicklung machen, da die Lohnsprünge zu hoch sind.

Tobias: Wir wissen noch nicht, wie sich das Modell langfristig entwickeln wird. Wahrscheinlich müssen einige Parameter nachjustiert werden. Mit der Zeit werden wahrscheinlich gewisse Fälle auftreten, die das Modell an seine Grenzen bringen. Zum Beispiel, was passiert, wenn die Teuerung lange hoch bleibt? Oder was geschieht, wenn ein Quereinsteiger eingestellt wird, der fachlich top ist, aber im Modell nicht richtig abgebildet werden kann. Er kann alles, was verlangt wird, aber ihm fehlt die formale Aus- und Weiterbildung dafür. Wir sind aber überzeugt, dass auch solche Fälle lösbar sind.

Graziella: Als wir das Lohnmodell eingeführt haben, hat sich herausgestellt, dass einige Mitarbeitende vor der Einführung des Lohnmodells mehr verdient haben, als sie nach dem neuen Modell eingestuft waren. Also mussten wir bei der Einführung des neuen Lohnmodells Lohnkürzungen vornehmen. Wenn der Betrag nicht so hoch war, haben wir den Lohn eingefroren. Beides kam bei den Betroffenen nicht gut an, es kam dadurch auch zu Kündigungen.

 

Till: Warum wurde beschlossen, das bestehende Lohnsystem zu hinterfragen und nach einem neuen Modell zu suchen?

Pascal: Das gelebte Modell war sehr situativ (starkes Bedürfnis für Verstärkung ergab hohe Löhne) und zu individuell (abhängig davon, wer die Gespräche führte). Ziel war hauptsächlich Klarheit, Nachvollziehbarkeit, Einfachheit und Bezug zu Rollen und Verantwortung zu schaffen. Zudem wollten wir den Gendergap, welcher unbewusst über die Jahre entstanden war, schliessen.  Gleiche Funktion soll gleich entlöhnt werden.

Tobias: Das Modell wurde bei der ersten Personaleinstellung eingeführt, so dass kein altes Modell ersetzt werden musste. Es war uns wichtig, von Anfang an ein transparentes System zu haben, um Lohnungleichheiten zu vermeiden. Ohne ein solches Modell ist es schwierig, langfristig faire Löhne in der gesamten Organisation zu gewährleisten.

 

Till: Wo seht ihr die Vorteile für die Mitarbeitenden und für das Unternehmen

Pascal: Klare Position, einfach verständlich, modular ausbau- und entwickelbar, flexibel - also «Lemon like».

Tobias: Faire und klare Kriterien, welche willkürliche Lohnverhandlungen überflüssig machen.

Graziella: Die Mitarbeitenden wissen ganz klar, was sie erhalten, wie sie mehr verdienen können oder was eine Reduktion für sie finanziell bedeuten würde. Sie können es schlecht oder gut finden, aber nachvollziehen können sie es und auch sicher sein, dass alle gleich eingestuft werden und nicht jemand mehr Vorteile hat bzw. einfach so mehr verdient.

Herausforderungen mit dem Lohnmodell und wie wir damit umgehen

Lohnsprünge

Wird das Lohnmodell neu eingeführt, müssen die verschiedenen Lohnsummen berechnet und durchgespielt werden. So ergeben sich nach der Feinabstimmung gerechte Lohnstrukturen. Das Lohnmodell macht aber auch sichtbar, wer vorher gut oder eher schlecht verhandelt hatte. Diejenigen, die «zu wenig» Lohn im Verhältnis zu anderen bekamen, erhalten mehr Lohn. Wir wollten aber niemanden bestrafen und den Lohn nach der Einführung des Modells kürzen, da die verhandelte Lohnsumme durch das Unternehmen akzeptiert wurde und eine Kürzung zurecht zu Unzufriedenheit führen würde. Wir haben uns deshalb entschlossen, diese Löhne «einzufrieren», also solange nicht durch das Modell steigen zu lassen, bis die Lohnsumme im Modell und des vorherigen Lohnes übereinstimmen. Diese Übergangsphasen sind unausweichlich nach einem Modellwechsel. Mit guter Kommunikation und Einzelgesprächen der betroffenen Mitarbeitenden kann dies aber gut umgesetzt werden. 


Individuelle Leistung

Individuelle Leistung ist unter Umständen durchaus messbar, z.B. bei Sales Abschlüssen. Der Abschluss im Sales ist aber Teil des Jobs, wie es für einen Entwickler das Schreiben von Code ist. Beide tragen zum Erfolg des Ganzen bei. 

Individuelle, leistungsbezogene Löhne fördern Einzelkämpfer*innen und vielfach ist Leistung zwar messbar, aber schwer in einen Geldbetrag umzumünzen. Deshalb haben wir ein System der gegenseitigen Wertschätzung eingeführt: Alle können einander für Abzeichen vorschlagen, die dann feierlich vor dem Team vergeben werden. Der damit verbundene Geldbetrag ist nebensächlich, die Wertschätzung steht im Vordergrund. Wer jemanden vorgeschlagen hat, muss jeweils auch eine kurze Begründung in Form einer Laudatio halten, was verhindert, dass wahllos Abzeichen vergeben werden.


Der Mythos leistungsbezogener Löhne

Die Debatte um leistungsbezogene Löhne ist so alt wie die Arbeitswelt selbst. Viele Unternehmen setzen auf dieses Modell in der Hoffnung, die Arbeitsleistung ihrer Angestellten zu steigern. Doch was, wenn die Realität eine andere Sprache spricht? Eine detaillierte Analyse verschiedener Studien aus den Bereichen Psychologie und Ökonomie liefert aufschlussreiche Einblicke in die komplexe Dynamik zwischen leistungsbezogener Bezahlung, Motivation und Arbeitsleistung.

Extrinsische vs. Intrinsische Motivation: Die Kernfrage ist, ob Geld tatsächlich der ultimative Motivator ist. Während extrinsisch (Einkommen, Status) motivierte Mitarbeitende durch finanzielle Anreize zu höheren Leistungen angeregt werden können, birgt leistungsbezogene Entlohnung bei intrinsisch motivierten Mitarbeitenden die Gefahr, deren Eigenmotivation zu untergraben. Dieses Phänomen, bekannt als der Verdrängungseffekt, zeigt auf, wie externe Anreize die innere Motivation verdrängen und somit paradoxerweise zu einer Reduktion der Arbeitsleistung führen können.

Empirische Beweise: Studien belegen, dass leistungsbezogene Löhne nicht immer den gewünschten Effekt haben. In einigen Fällen wurde beobachtet, dass nach Einführung einer bezahlten Leistung die intrinsische Motivation und damit die Freude an der Tätigkeit abnahm. Besonders bei Tätigkeiten, die vorher aus eigenem Antrieb und Interesse ausgeführt wurden, führte eine externe Belohnung zur Reduktion der Arbeitsleistung.

Ökonomische Studien vs. psychologische Studien: Während die ökonomische Perspektive tendenziell die positiven Aspekte monetärer Anreize hervorhebt, legen psychologische Untersuchungen nahe, dass diese Anreize die intrinsische Motivation schmälern können, was sich negativ auf die Arbeitsleistung auswirkt. Insbesondere bei komplexen, kreativen oder auf intrinsischer Motivation basierenden Tätigkeiten zeigt sich, dass leistungsbezogene Bezahlung kontraproduktiv sein kann.
Neuere verhaltensökonomische Studien zeigen, dass neben dem Streben nach materiellem Eigennutz auch andere soziale Präferenzen, wie Fairness und Reziprozität, das Verhalten von Individuen am Arbeitsplatz beeinflussen können. Somit können auch aus ökonomischer Sicht leistungsbezogene Löhne in bestimmten Kontexten kontraproduktiv wirken, insbesondere wenn sie als unfair wahrgenommen werden oder wenn sie die soziale Harmonie und Kooperation am Arbeitsplatz stören.

Quelle und erwähnte Studien: "Transparenz der Vergütungsverteilung und Produktivitätseffekte der Lohnverteilung" von Marcus Krall


Unterschiedliche Marktlöhne 

Um unterschiedlichen Marktlöhnen gerecht zu werden, gibt es verschiedene Ansätze. Veranschaulichen können wir diese anhand unseres Lohnmodells und der Version von Lemon Consult AG.

Heute arbeiten wir mit einem Basislohn, der in 3 Stufen aufgeteilt ist (Young Professional, Professional und Senior). Alle Löhne, egal aus welchem Fachbereich, werden gleichwertig behandelt, aus der Philosophie heraus, dass alle einen gleichen Beitrag zum Erfolg leisten.


Doch Löhne sind nunmal auf dem Markt sehr unterschiedlich. Wir arbeiten deshalb aktuell an der Version 4.0 unseres Lohnmodells. Wir planen die Basislöhne zwar in drei Stufen belassen, da es in fast jeder Jobkategorie Mitarbeitende von Junior bis Senior gibt. Aber wir erarbeiten für jede Jobkategorie ein eigenes Modellblatt, in dem die Basislöhne leicht unterschiedlich sind. So haben wir immer noch transparente Lohnkriterien, verbessern aber die Wettbewerbsfähigkeit, was die gängigen Marktlöhne betrifft.

Lemon Consult wiederum, haben ihre Job Hauptfunktionen als Basislöhne festgelegt, also von den Praktikant*innen, über Projektleitung bis zum CEO.

Visualisierung des Lemon Consult Lohnmodell basierend auf dem von Apps with love


Benefits

Nicht monetäre Vorteile einer Anstellung sind gerade für Unternehmen, welche keine Spitzenlöhne zahlen können oder möchten, eine gute Möglichkeit, dies auszugleichen. Für viele sind diese zusätzlichen Vorteile sogar mehr Wert als ein höherer Lohn. Auch bei der Anstellung können solche Benefits ausschlaggebend sein, da sie den Mitarbeitenden ermöglichen, ihre Arbeit besser mit ihrer Lebenssituation in Einklang zu bringen. Unternehmen können diese Vorteile anpassen und stetig erweitern. Apps with love hat momentan verschiedene Arten von Benefits: Neben mittlerweile zum Standard gehörenden Dingen wie gratis Getränke, Snacks und Früchte sowie Mittagessen von einem Koch, bieten wir gleitende Arbeitszeiten, um die Arbeitszeiten an die persönlichen Lebensumstände anzupassen. Wir haben 6 Wochen Ferien (2 Wochen mehr als gesetzlich vorgeschrieben) 18 Wochen Mutterschaftsurlaub (4 Wochen mehr als gesetzlich vorgeschrieben), 4 Wochen Vaterschaftsurlaub (2 Wochen mehr als vorgeschrieben), Möglichkeiten der Mitsprache und Mitbestimmung im Unternehmen, Time to play und monatliche Nackenmassagen, um die Gesundheit und den Austausch zu fördern und wir haben zwei Jahreskarten für den lokalen Fussball Club.

Mittagessen om Apps with love Basel Offcie
Mittagessen im Apps with love Office in Bern
Mittagessen im Apps with love Office Bern
Mittagessen bei Apps with love Basel und Bern

Résumé und Takeaways

  • Anpassung an neue Generationen
    Unternehmen müssen die sich verändernden Anforderungen der Mitarbeitenden ernst nehmen. Es gilt ein gutes Arbeitsklima, persönliche Entwicklung und nachvollziehbare Lohnstrukturen zu priorisieren.

  • Kosteneinsparungen
    Die Erfahrungen mit dem Apps with love Modell zeigen, wie durch transparente Gehaltsstrukturen und effiziente Prozesse signifikante Kosten eingespart werden können.

  • Förderung einer transparenten Arbeitskultur
    Transparente Lohnkriterien und die Abschaffung willkürlicher Gehaltsverhandlungen fördern Gerechtigkeit und Vertrauen innerhalb des Unternehmens.

  • Attraktivität als Arbeitgeberin
    Ein faires und transparentes Lohnmodell macht Unternehmen für Talente, die Wert auf klare Entwicklungswege und gerechte Behandlung legen, attraktiver.

  • Flexibilität und Individualisierung
    Das Modell erlaubt es, individuelle Faktoren wie Ausbildung, Erfahrung und Verantwortung in die Gehaltsfindung einzubeziehen, wodurch eine individuelle und faire Entlohnung gewährleistet wird.

  • Zukunftsausrichtung
    Die Anpassungsfähigkeit des Modells an verschiedene Unternehmensstrukturen und die Möglichkeit zur kontinuierlichen Weiterentwicklung unterstützen Unternehmen dabei, planungssicher und zukunftsfähig zu sein.

Unternehmen, die sich dieser Herangehensweise anschliessen, können nicht nur ihre Effizienz steigern und Kosten senken, sondern auch eine Unternehmenskultur schaffen, die junge Talente anzieht und langfristig bindet. Die Investition in ein anpassungsfähiges Lohnmodell mit transparenten Lohnkriterien ist ein entscheidender Schritt hin zu einer zukunftsfähigen und mitarbeitendenorientierten Unternehmenskultur.

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