Klangwelten im Internet?

Als im Januar der Verein Zuhören Schweiz auf uns zukam mit der Idee für das Projekt Hörminute, hat uns die Neugier gepackt: Erst mal die Neugier am Verein selbst und dessen Zweck. Ein Verein, der sich ums Zuhören kümmert? Spannende Sache. Und dann natürlich die Neugier an der Herausforderung: Digitale Medien sind ja in den allermeisten Fällen in erster Linie ein visuelles Erlebnis: Bild, Text, Video. Klar, auch Klang und Ton gehören dazu, aber wie stellt man das auditive Erfahren von Klängen ganz ins Zentrum?

Lösungsfindung im Workshop

Wie bei den meisten Projekten war der erste Schritt ein gemeinsamer Workshop. Da es sich um ein kleineres Kulturprojekt mit einem begrenzten Budget handelt, war es umso wichtiger, diesen Workshop gut vorzubereiten und bereits mit ersten konkreten Ideen einzusteigen, um effizient vorwärts zu kommen. Dazu haben wir uns in der Vorbereitung einerseits mit den zur Verfügung gestellten Informationen von Zuhören Schweiz auseinandergesetzt, andererseits aber bereits erste Konzepte auf Skizzen-Basis angedacht.
Im Workshop waren dann alle wichtigen Disziplinen - also Projektleitung seitens Zuhören Schweiz, künstlerische Leitung, aber auch Development und Design von Apps with love - vertreten. So gelang es in intensiven drei Stunden, ein gemeinsames Verständnis zu schaffen und sich auf einen konzeptionellen Ansatz zu einigen. Dazu gehörten auch wichtige Parameter wie Farbe (minimaler Einsatz), Schrift (CI des Vereins) sowie Überlegungen zum Navigationskonzept, konkreten Features, Interaktionen und ersten Ideen für Animationen.

Konzept, Design und technische Umsetzung

Das entstandene Konzept vereint mehrere wichtige Grundsätze:

1. Minimalismus im Design: Wesentlich an einer Hörminute ist der Klang, der Ton, das Hörerlebnis. Zuhörer*innen sollen sich auf das Gehör konzentrieren und nicht durch Farben, Texte oder Buttons abgelenkt werden. Der eigentliche Player der einzelnen “Stücke” kommt also ohne Play-, Stop- oder Skip-Buttons aus, einzelne Hörminuten werden in einer Übersicht als Punkte dargestellt bzw. maximal als Zahl.
   
   

2. Interaktion und Einfachheit: Durch das Weglassen von Elementen, wie man sie von herkömmlichen Interfaces zum Abspielen von Klanginhalten kennt (also z.B. von Spotify, Apple Music oder Soundcloud) besteht die Gefahr, dass sich User*innen nicht zurecht finden. Also entwickelten wir sanfte Transitionen und Animationen, um zu zeigen: Hier bewegt sich etwas, es passiert etwas, auch wenn vielleicht am Anfang einer Hörminute noch Stille herrscht. Dynamische Hover-States und eine dezente Progressanzeige helfen, sich zurechtzufinden.
   
   

3. Zugänglichkeit auf allen Systemen: Hörminuten sollen device-unabhängig gehört werden können. Insofern war die Web-Plattform zwingende Voraussetzung. Natürlich hätten wir gerne zusätzlich native Apps für Android und iOS programmiert, das hätte allerdings den Rahmen gesprengt. Aber: hoerminuten.ch ist als PWA auf Betriebssystemen die das unterstützen installierbar.

Technische Umsetzung

Wichtig für die effiziente Durchführung eines Projekts ist der enge und frühe Austausch zwischen Konzept/Design und Entwicklung. Insbesondere wenn es einen einigermassen knappen Zeitplan gibt, sowohl aus Perspektive des geplanten Umfangs aber auch dem Launch-Zeitpunkt und wenn die konzeptionellen Ideen eher unkonventionell sind. Dies gelang in diesem Projekt besonders gut: Fast alle Beteiligten waren ab dem ersten Workshop dabei, alle weiteren wurden gleich nach dem ersten Workshop involviert und haben an der Lösungsfindung zur Umsetzung mitgearbeitet. Dabei durfte auch eine gehörige Portion Experimentieren nicht fehlen. Schlussendlich fiel die Wahl wie bei so vielen Webprojekten von uns auf ein Statamic-CMS im Backend. Im Frontend haben wir uns etwas mehr ausgetobt und setzen neben den “händisch” mit HTML, CSS und Javascript umgesetzten Teilen auf D3.js.

Fazit

Es freut uns sehr, dass wir in enger Zusammenarbeit mit dem Projektteam von Zuhören Schweiz dieses einzigartige Projekt in kurzer Zeit umsetzen durften. Es hebt sich in vielerlei Hinsicht ab von vielen anderen Arbeiten die wir in unserem Alltag umsetzen und vereint Technologie und individuelle Lösungen mit dem künstlerischen Anspruch und den inhaltlichen Besonderheiten. Und jetzt: Zuhören! 👂