Spielend zum Erfolg - Wie Gamification in Unternehmen wirken kann

9. Oktober 2018 - von Till Könneker

Eine starke Unternehmenskultur ist ein wichtiger Erfolgsfaktor für Unternehmen. Deshalb wird von Unternehmensführungen immer wieder versucht, diese in die gewünschte Richtung zu beeinflussen. Dazu existieren bereits viele verschiedene Theorien und Modelle. Eine der jüngeren Theorien ist jene der Gamification. Hier sollen spieletypische Elemente genutzt werden, um die Mitarbeitenden zu bestimmten Handlungen zu motivieren.

In every job that must be done, there is an element of fun. You find the fun, and - SNAP - the job's a game!

Mary Poppins

Im Rahmen der Bachelor Thesis für den Bachelor of Science in Business Administration der Berner Fachhochschule untersuchte Thomas Ellenberger die Beeinflussung der Unternehmenskultur durch spieletypische Elemente.

Mit dem Ziel, eine Verbindung zwischen Gamification-Elementen, Unternehmenskultur und Motivation zu finden, wurde im Rahmen dieser Arbeit eine Unternehmung gesucht, welche bereits aktiv Gamification nutzt. Bei seinen Recherchen stiess Thomas auf Apps with love und damit für sein Vorhaben auf offene Türen. So entstand eine spannende Zusammenarbeit und interessante Erkentnisse, welche Thomas bereit war in diesem Blog zu teilen.

Der Blogbeitrag wäre natürlich zu lang, wenn wir die gesamte Bachelor Arbeit hier publizieren würden. Deshalb haben wir lediglich einige Ausschnitte, vor allem aus der Praxisanalyse, hier im Blog integriert. Falls jemand gerne die gesamte Arbeit lesen möchte, kann diese am Ende des Artikels downloaden.

Der nachfolgende Text in diesem Blog stammt von Thomas Ellenberger und wurde mit seiner Zustimmung publiziert.

Unternehmenskultur als Erfolgsfaktor

Mit dem Wachstum und den damit verbundenen neuen Prozessen und Strukturen wurde das aktive Leben der Unternehmenskultur für die Firma Apps with love irgendwann zu einem zentralen Thema. Mitgründer Till Könneker hat sich dabei auf die Anfangsstunden des Unternehmens besonnen, mit welchen Ideen und Idealen dies ursprünglich gegründet wurde und was ihnen allen Spass gemacht hatte. Schlussendlich beschloss er ein Kultur Board ins Leben zu rufen, in welchem alle Mitarbeitenden ihre Ideen, Anliegen und Bedürfnisse frei äussern können. Durch dieses wurden im Laufe der Zeit diverse Massnahmen entwickelt, welche die kulturelle DNA des Unternehmens sichern sollen.

Die offene Kultur und Kommunikation auf Augenhöhe hat sich bei Apps with love zum Erfolgsmodell entwickelt. Sie wird durch die Mitarbeitenden getragen, weiterentwickelt und aktiv gelebt.

"Kultur ist König" steht dann auch als erste Überschrift auf der Website der Firma. Für Till ist die Kultur in seinem Unternehmen das wertvollste Gut. Da die Arbeit ein bedeutender Teil des Lebens ist, soll diese den Mitarbeitenden Genugtuung geben und einen Gewinn darstellen. Nicht nur finanziell, sondern auch menschlich und geistig. So soll die Unternehmenskultur die Mitarbeitenden motivieren, unterstützen und sie glücklicher machen.

Durch die Kulturboards sind so in den vergangenen Jahren diverse Massnahmen entstanden, ohne sich gross damit zu beschäftigen, welche Theorien genau hinter diesen stehen. Drei davon wurden nun mit Hilfe einer Gamification Theorie analysiert und ausgewertet.

Das Octalysis-Framework

Gamification wurde in den vergangenen Jahren als Motivationstheorie etabliert und wird bereits von diversen grösseren und kleineren Unternehmen verwendet. Es geht dabei darum, eine Aktivität oder Aufgabe spielerisch zu gestalten. Dazu verwendet die Theorie Elemente welche ähnlich in Spielen gefunden werden können und versucht diese auf Altagssituationen anzuwenden. Eine der ersten ganzheitlichen Theorien stammt von Yu-kai Chou aus Japan. Sein Octalysis Framework unterteilt die motivierenden Aspekte von Games in acht Teilaspekte. Diese Aspekte sind in sämtlichen Aktivitäten vorhanden. Fehlen sie komplett, kommt keine Aktion zustande. Je ausgeprägter die acht Aspekte sind, desto eher kommt eine Aktion zustande. Dabei kann das Achteck in vier Hälften unterteilt werden. Die drei Theorien in der oberen Hälfte korrespondieren dabei mit Langzeit Motivation, während die drei in der unteren Hälfte eher eine unmittelbare Aktion erfordern, jedoch langfristig wenig nachhaltig sind. Die drei auf der rechten Seite stehen zudem für die intrinsische Motivation eines Menschen, während die drei auf der linken Seite eher extrinsisch motivierend wirken.

Massnahmen bei Apps with love

Im Rahmen der Bachelorthesis wurden die drei Massnahmen «Time to play», «Abzeichen & Ehrenmedaillen» sowie die «Ämtlikarten» mit Hilfe der Gamification Theorie angeschaut. Erstaunlicherweise beinhaltet von diesen drei die Massnahme «Time to play» bei welcher die Mitarbeitenden spontan zusammen Spiele spielen sollen, die wenigsten Gamification Elemente.

Time to Play

Im Büro von Apps with love hat es diverse Spielemöglichkeiten wie Ping Pong, Darts oder Tischfussball. Diese wurden aufgestellt, da kurze Spiele während der Arbeitszeit als wichtige Ablenkung und Entspannung angesehen werden. Die Mitarbeitenden sollten die Möglichkeit haben, kurz aufstehen und den Kopf durchlüften zu können. Diese kurze Ablenkung und der geförderte soziale Kontakt sollten laut Till Könneker die Arbeitsqualität verbessern. Da immer jemand das Spielen initiieren und Mitspielende mobilisieren musste, wurden die Möglichkeiten jedoch lediglich selten genutzt. Um dies zu ändern wurde in einem Kultur Board beschlossen, einen digitalen Zufallsgenerator zu erstellen. Dieser geht zweimal in der Woche während der Arbeitszeit los und fordert sämtliche Mitarbeitenden auf, während zehn Minuten gemeinsam zu spielen.

Spielen wird bei Apps with love gefördert

Analyse von "Time to play"

Wie man sehen kann, finden sich in dieser Massnahme lediglich zwei Aspekte wieder. Beide befinden sich auf der rechten Seite des Achtecks und korrespondieren damit mit intrinsischen Motivatoren. Dies deutet darauf hin, dass die Benutzer sich gerne freiwillig der Massnahme aussetzen werden, da die Massnahme selbst belohnend wirkt.

Der Aspekt «Unpredictability & Curiosity» zeigt, dass durch die Massnahme ein gewisser Sinn für Dringlichkeit entsteht. Man muss nämlich zu genau diesem Zeitpunkt aufstehen und spielen, sonst verpasst man die Chance. Man wird also zu einer unmittelbaren Aktion aufgefordert. Da sich dieser Aspekt im unteren Teil des Achtecks befindet und die Massnahme über keine Aspekte von der oberen Hälfte des Achtecks verfügt, könnte die Massnahme über längere Zeit auch als lästig angesehen werden und die erhoffte Wirkung verlieren.

Durch die Auswertung der Interviews wird klar, dass die Ungewissheit welche Teil des Designs dieser Massnahme ist, durch die Mitarbeitenden nicht mehr als solches anerkannt wird. Zwar ist die Zeit zu welcher der Alarm losgeht noch immer zufällig, doch die Sicherheit, dass er zweimal in der Woche kommt relativiert dies. Der Aspekt «Unpredictability & Curiosity» wird also nicht als treibendes Element dieser Massnahme wahrgenommen. Ob dies nie der Fall war oder dieser Aspekt sich über die Zeit langsam abgebaut und an Bedeutung verloren hat, liess sich nicht eruieren.

Anders sieht dies beim Aspekt «Social Influence & Relatedness» aus. Dieser wird als treibende Kraft hinter der Massnahme angesehen und durch die Mitarbeitenden sehr geschätzt. Der zwanglose Austausch während einer anderen Aktivität als der täglichen Arbeit lässt es zu, seine Arbeitskollegen von einer anderen Seite kennen zu lernen.

Abzeichen und Ehrenmedaillen

Apps with love hat es sich zum Ziel gemacht, faire Löhne und transparente Lohnkriterien zu schaffen. Ausserdem sollten Lohnverhandlungen gänzlich abgeschafft werden. Dies haben sie durch die Entwicklung eines eigenen Lohnsystems umgesetzt. So basiert der Lohn für jeden Mitarbeitenden nun auf genau festgelegten Kriterien, wie die absolvierte Ausbildung, Facherfahrung im entsprechenden Arbeitsgebiet, Firmentreue und Verantwortung. Bewusst hat man sich dabei gegen eine individuelle Bewertung der Leistung als Lohnfaktor entschieden. Dies, da die erbrachte Leistung oft subjektiv betrachtet wird und um die Zusammenarbeit im Team zu fördern.

Um sowohl die Firmentreue noch weiter zu fördern, aber auch um ausserordentliches Engagement doch auf eine Weise zu würdigen, wurde ein Achievementsystem ins Leben gerufen. Dafür wurden spezielle physikalische Medaillen entwickelt und mithilfe eines 3D Druckers gedruckt. Medaillen gibt es sowohl für Firmentreue, wie auch für ausserordentliches Engagement in der Projektarbeit. Die Medaillen kommen dabei in unterschiedlichen Stufen. So erhält man nach 3 Jahren Firmentreue eine Bronzemedaille, nach 5 Jahren die Silbermedaille und nach 7 Jahren die Goldmedaille. Für ausserordentliches Engagement bekommt man zuerst die Auszeichnung "Hirsch", wird anschliessend zum "Meister", dann zum "Held" und schlussendlich zum "Guru" ernannt.

Erhält man eine Medaille, darf man zusätzlich auch noch einen Wunsch äussern, welcher einem dann nach Möglichkeit erfüllt wird, oder man erhält eine kleine Bargeldprämie. Die Auszeichnungen werden den Mitarbeitenden jeweils an den Teammeetings feierlich übergeben. Das stolze Tragen oder Ausstellen der Medaille ist anschliessend jedem selbst überlassen.

Analyse von "Abzeichen und Ehrenmedaillen"

Bereits deutlich mehr Gamification Elemente lassen sich in der Massnahme «Abzeichen und Ehrenmedaillen finden. Da die Massnahme von fast jedem Aspekt zumindest ein wenig hat, kann man auf eine gut ausbalancierte Massnahme schliessen, welche sowohl die intrinsische, wie auch die extrinsische Motivation anspricht. Durch die starke Dominanz des Aspektes «Development & Accomplishment» steht die extrinsische Belohnung jedoch im Vordergrund.

Trotz dem Vorhandensein der Aspekte «Scarcity & Impatience» sowie «Unpredictability & Curiosity» verfügt die Massnahme vor allem über Aspekte in der oberen Hälfte des Achtecks und eignet sich deswegen besonders gut um die Langzeitmotivation aufrecht zu erhalten. Bei dieser Massnahme wird der Aspekt «Development & Accomplishment» durch die Mitarbeitenden als einer der Haupttreiber erkannt. Sie fühlen sich gut und motiviert dadurch, eine Auszeichnung zu erhalten. Dass nicht nur Firmentreue, sondern auch spezieller Effort belohnt wird, verstärkt dieses Gefühl noch. Das Gefühl etwas erreicht zu haben und dafür wertgeschätzt zu werden ist deutlich vorhanden. Auch der Aspekt «Social Influence & Relatedness» ist deutlich vorhanden.

Durch das Spektakel welches beim Verleihen veranstaltet wird entsteht das Gefühl, dass die anderen den eigenen Effort honorieren. Ausserdem freuen sich die Kollegen mit einem über den Erhalt, was der Sache einen deutlichen sozialen Bezug gibt. Dadurch dass man eine Ehrenmedaille direkt nach dem sehr erfolgreichen Abschluss einer Arbeit erhält und nicht erst am Ende des Jahres beim Mitarbeitergespräch, wird der Aspekt des unmittelbaren Feedbacks in «Empowerment of Creativity & Feedback» stark getroffen. Dieser Aspekt wird durch die Mitarbeitenden deshalb vermutlich stärker wahrgenommen, als dies bei der Planung angedacht war.

Ämtlikarten

Damit im Büro von Apps with love alles funktioniert, gibt es viele kleinere, wöchentlich anstehende Aufgaben. So müssen beispielsweise die Pflanzen gegossen, das Altpapier entsorgt, die Kaffeemaschine gepflegt, aktuelle Tweets vom Firmenaccount aus getätigt oder das nächste Teammeeting geleitet werden. Ursprünglich wurden diese Arbeiten freiwillig von Mittarbeitenden übernommen, doch wurde es mit der Zeit nicht einfacher sämtliche Aufgaben immer zu verteilen. Deshalb wurden aufgrund eines Inputs aus einem Kultur Board erstmals Karten erstellt, mit welchen die Aufgaben zufällig verteilt werden konnten.

Sitzung bei Apps with love in Bern

Nach den ersten erfolgreichen Ziehungen wurde dann sogar ein komplettes eigenes Kartenset entwickelt, mit allen vorhandenen Aufgaben und genügend Nieten für die restlichen Mitarbeitenden. Die Karten werden als eine einfachere Massnahme als ein Ämtliplan angesehen, zudem geben sie dem Ganzen noch eine Portion Nervenkitzel. Die Ziehung ist jedes Mal ein kleines aufregendes Ereignis und macht allen viel Spass. Die Aufgaben selbst werden seither nicht mehr so negativ, sondern als Teil des Spiels angesehen und von allen zuverlässig ausgeführt. Die Erledigung der Arbeiten wird dann auch jeweils vor der Ziehung in der Folgewoche kontrolliert.

Analyse der "Ämtlikarten"

Diese Massnahme hat eine klar höhere Gewichtung der Aspekte in der rechten Hälfte und spricht damit vor Allem die intrinsische Motivation an. Dies ist interessant, da es eigentlich um die Verteilung unliebsamer Arbeiten geht. Mit dem starken Fokus auf den Aspekt «Unpredictability & Curiosity» ist die Massnahme zudem eher kurzfristig motivierend. Die Massnahme hat kumuliert jedoch genügend Elemente aus der oberen Hälfte, dass auch eine gewisse Langzeitmotivation vorhanden sein dürfte.

Durch die Mitarbeitenden wird der Aspekt «Unpredictability & Curiosity» in dieser Massnahme sofort erkannt. Dem zufälligen Verteilen der Karten wird Gamblingcharakter nachgesagt und es ist auch bei der Wahrnehmung das vorherrschende Gefühl. Auch der Aspekt «Social Influence & Relatedness» wird klar erkannt und durch die Massnahme verstärkt. Die Ziehung wird als gesellschaftliches Ritual angesehen und verbindet dadurch, dass man gegenseitig mitfühlt oder gemeinschaftliche Schadenfreude zum Ausdruck bringt. Auch in der Gleichstellung sämtlicher Mitarbeitenden des Unternehmens wird eine starke Ausprägung des Aspekts «Social Influence & Relatedness» gesehen.

Der Aspekt «Epic Meaning & Calling» wird genau als solcher wahrgenommen. Tendenziell gar noch stärker als geplant. Das Gefühl etwas Unliebsames zum Wohle aller zu erledigen, ist definitiv vorhanden. Auch die Aspekte «Development & Accomplishement» sowie «Empowerment of Creativity & Feedback» werden mehr oder weniger genauso wahrgenommen, wie die Massnahme dies erahnen lässt. Durch das Feedback in der darauffolgenden Woche ist man eher gewillt, die Aufgabe zu erledigen und man hat auch das Gefühl etwas erreicht zu haben.

Gamification wirkt

Zu Beginn der Arbeit wurde die folgende Fragestellung aufgeworfen, welche abschliessend beantwortet werden soll: Können Gamification-Massnahmen genutzt werden, um die Unternehmenskultur dahingehend zu verändern, dass die Motivation der Mitarbeitenden, sich für ihre Arbeit einzusetzen, angeregt wird?

Die Fragestellung kann abschliessend mit "Ja" beantwortet werden. Es konnte eindeutig aufgezeigt werden, dass die von Apps with love eingesetzten Massnahmen Gamification-Elemente beinhalten. Ebenso konnte eine Verbindung zwischen den Massnahmen und der Unternehmenskultur hergestellt werden. Schlussendlich wurde auch eine Verbindung zwischen der Unternehmenskultur und der Bereitschaft der Mitarbeitenden, sich für ihre Arbeit einzusetzen nachgewiesen.

Betrachtet man die drei vorgestellten Massnahmen als Ganzes, ergibt dies für Apps with love einen Octalysis Score von 133. Dieser liegt deutlich über dem Score von 50 welcher Yu-kay Chou Massnahmen zuspricht, welche keine spezifischen Gamification-Elemente aufweisen.

Die starke Gewichtung von Aspekten in der oberen, sowie in der rechten Hälfte des Achtecks führt gemäss Theorie dazu, dass die Mitarbeitenden von Apps with love stark intrinsisch motiviert werden, sich an diesen Massnahmen zu beteiligen und diese auch eine langanhaltende Wirkung haben.

Soweit die zusammengefassten Erkenntnisse aus der Bachelorarbeit. Wer die Arbeit in ihrer Gänze lesen möchte, kann diese hier downloaden:

Gamification in Companies - Beeinflussung der Unternehmenskultur durch spieletypische Elemente


Die Bachelor Thesis wurde eingereicht im Bachelor of Science im Rahmen des Studiengangs Business Administration der Berner Fachhochschule. Wir danken Thomas Ellenberger ganz herzlich, dass wir Ausschnitte seiner Arbeit hier publizieren durften.

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