In den vergangenen Jahren haben wir zunehmend realisiert, wie wichtig die sogenannte Microcopy - kurze Texte auf Buttons, in Fehlermeldungen oder Call to Actions - für den Erfolg von digitalen Produkten wie Apps etc. ist. Deshalb erklären wir in diesem und einem Folgeblog, was man unter UX-Writing versteht und warum die richtigen Texte digitale Produkte besser machen.
Was ist UX-Writing?
UX steht für User Experience, also das Erlebnis von User*innen im Umgang mit einem (digitalen) Produkt. Zu einer guten User Experience gehören nicht nur ein schönes Design und ein einfach zu bedienendes User Interface, sondern eben auch gute und einfach verständliche Textelemente.
UX-Writing beinhaltet das Ausformulieren und Benennen dieser Textelemente innerhalb einer Benutzeroberfläche. UX-Writing hat zum Ziel, Texte so zu gestalten, dass sie für User*innen klar, leicht lesbar, hilfreich und zielführend sind. Ein digitales Produkt soll möglichst ohne Frustration genutzt werden können.
Genannt werden die Textelemente auch “Microcopy”, da es sich um einzelne Wörter und kurze Textbausteine handelt: Buttons, Labels, Fehlermeldungen, Onboarding Texte, Erfolgsmeldungen, Call to Actions und so weiter.
Obschon es sich bei Microcopy nur um einzelne Wörter, winzige Textbausteine oder kurze Texte handelt, sind diese Elemente essenziell dafür, dass User*innen sich in einem digitalen Produkt zurechtfinden und darin navigieren können. Microcopy leistet wesentliche Hilfe bei der Interaktion mit einem digitalen Produkt und ist demnach eine treibende Kraft für Conversions.
Wo braucht es UX-Writing?
Grundsätzlich braucht es UX-Writing überall dort, wo Nutzer*innen über ein User Interface eine Aktion ausführen sollen. Sei dies auf einer Website, in einer App oder auch an einem Billettautomaten. Jedes digitale Produkt besteht aus einer Vielzahl von Bestandteilen und ein Grossteil davon benötigt Text, um zu funktionieren.
Damit User*innen wissen, welche Aktion von ihnen verlangt oder benötigt wird (klicken, navigieren, scrollen, registrieren, kaufen), um zum gewünschten Resultat zu kommen, braucht es Texte, die dies ihnen möglichst einfach und präzise erklären.
2049; ux conference on mars
— Chris Coyier (@chriscoyier) October 11, 2019
in a groundbreaking new study, designers at mars daily news have discovered that putting a word next to an icon helps martians understand what the button does
Warum ist UX-Writing wichtig?
Stell dir eine App ohne Microcopy vor - unbeschriftete Buttons, Login Screens oder Erfolgsmeldungen. Schnell merkt man, dass diese Textfragmente ein essenzieller Bestandteil für die User Experience sind und dass Text massgebend ist, um zu verstehen, wie eine App, Website oder Web-App bedient werden kann.
Wie unschwer zu erkennen ist, ist der oben abgebildete Onboarding Screen ohne Text nichtssagend. Es braucht mindestens eine Erklärung, worum es bei diesem Screen geht und beschriftete Buttons, damit User*innen wissen, was sie als Nächstes machen können.
Beim Ausformulieren dieser Texte gilt es, die wichtigsten UX-Writing Prinzipien zu beachten: Clear, concise, helpful - klar, prägnant, hilfreich.
Das heisst, eine einfache, wenn auch ausführliche Beschreibung, wie sie oft in einem ersten Wurf entsteht oder von einer User Story abgeleitet werden kann, führt meist noch nicht zum Ziel. Ich werde im nächsten UX-Writing Blog darauf eingehen, wie optimierte Microcopy entsteht und worauf man achte sollte.
Digitale Produkte beinhalten eine Vielzahl von Textbausteinen, die essenziell für deren Nutzung sind. Dementsprechend sollten diesen Texten auch genügend Beachtung geschenkt werden.
Was ist das Ziel von UX-Writing?
UX-Writing zielt darauf ab, Microcopy so zu gestalten, dass sich eine Interaktion mit einem digitalen Produkt so einfach und natürlich wie möglich anfühlt. Gute Microcopy räumt Stolpersteine aus dem Weg, schafft Vertrauen und führt User*innen ans gewünschte Ziel. Sie trägt dazu bei, dass User*innen ein positives Erlebnis bei der Nutzung eines digitalen Produktes haben und sich ein Produkt möglichst einfach bedienen lässt. Gute Microcopy sollte sich dabei so natürlich anfühlen, dass sie kaum als solche wahrgenommen wird.
Was kann mit UX-Writing erreicht werden?
UX-Writing hat nicht nur einen Einfluss auf das Nutzungserlebnis, sondern kann sich auch positiv auf das Business auswirken.
Bereits auf der Google I/O 2017 wurde beispielsweise in der sehr empfehlenswerten Keynote "How Words can make your product stand out" gezeigt, dass bei der Hotelsuche auf Google eine Änderung der Formulierung “Book a room” zu “Check availability” zu einer Steigerung der Engagement-Rate um 17% führte. Eine scheinbar kleine Änderung von drei resp. zwei Wörter, die einiges bewirken konnte. Die erste Formulierung wurde an diesem Punkt der User Journey als zu verbindlich wahrgenommen, weshalb der Prozess abgebrochen wurde. User*innen waren vermutlich verunsichert, ob bei dieser Aktion gleich ein Zimmer gebucht wird. Mit “Check availability” kann dies abgefedert werden. Es wird klar, dass sich User*innen (noch) auf kein verbindliches Angebot einlassen.
Ein klassisches Beispiel, welches sich in der Literatur und Best Practices über UX-Writing immer wieder findet, betrifft den Kaufprozess auf E-Commerce Plattformen. Viele Transaktionen können nicht abgeschlossen werden, weil die eingegebene Rechnungsadresse nicht mit der Adresse auf der Kreditkarte übereinstimmt. Die Lösung des Problems besteht in einem einzelnen Satz, welcher im Check-out Formular hinzugefügt wird und durch welchen die Fehlerquote massiv reduziert und Supportanfragen verringert werden.
Auch das folgende Beispiel zeigt, wie viel der richtige Text am richtigen Ort bewirken kann. Visit Norway hat folgende zwei Varianten A/B getestet. Obschon der zusätzliche Text in der zweiten Variante für die Navigation nicht nötig ist, steigerte er die Klickrate um 26%. Die zusätzliche Beschreibung erklärt das Engagement und die Mission hinter den Angeboten und vermag es so, bei den User*innen Vertrauen zu wecken.
Mit UX-Writing können also Conversions und das Engagement gesteigert werden, weil den User*innen Sicherheit gegeben wird. Indem man an kritischen Abbruchstellen mit den richtigen Worten Hilfestellungen leistet, können auch Supportanfragen vermindert und das Vertrauen der User*innen in ein Produkt gesteigert werden.
Was ist der Unterschied zwischen UX-Writing und Copywriting?
Beim Copywriting - frei übersetzt “Werbetexten” - geht es um das Verfassen von Texten zu Verkaufs- und Marketingzwecken. Ziel ist es, Menschen zu einer Handlung zu bewegen. Dementsprechend sollen Werbetexte die Aufmerksamkeit von (potenziellen) Kund*innen gewinnen, Interesse wecken, Bedarf erzeugen und entsprechend zu einer Conversion führen. Leute sollen beispielsweise eine App herunterladen oder ein Produkt kaufen.
Beim UX-Writing hingegen liegt der Fokus auf der Unterstützung der User*innen bei der Nutzung eines digitalen Produktes. Microcopy fungiert als Wegweiserin, sobald User*innen sich mit einem Produkt beschäftigen und hilft, ein Produkt so einfach und verständlich wie möglich nutzbar zu machen. UX-Texte können deshalb auch schlecht losgelöst von Design, der Navigation und dem Flow betrachtet werden. Microcopy muss die Zusammenhänge zwischen den einzelnen Seiten und Funktionen sicherstellen, logisch aufeinander aufbauen und sich in den Gesamtkontext einer App oder Webseite integrieren.
Oftmals sind die Übergänge zwischen den beiden Disziplinen aber fliessend und Copywriter*innen und UX-Writer*innen arbeiten optimalerweise Hand in Hand, um das Gesamterlebnis so kohärent wie möglich zu gestalten.
Fazit und Ausblick: Microcopy gehört zur UX und deshalb optimiert
UX-Writing ist wichtig, da digitale Produkte zu einem grossen Teil aus Text bestehen und dieser ein integraler Teil der UX ist. Ohne Text sind Apps, Webseiten, Web-Apps und Co. kaum bedienbar und dementsprechend ist es wichtig, dass diesen Beachtung geschenkt wird und sie aus Usersicht analysiert und verbessert werden.
Optimierte Microcopy - die kurzen Textbausteine auf Buttons, in Fehlermeldungen, Empty States und so weiter - hilft, Hürden bei der Nutzung digitaler Produkte aus dem Weg zu räumen und ein Produkt möglichst einfach bedienbar zu machen. Dies führt nicht nur zu einer besseren UX, sondern kann auch positiven Einfluss auf Conversions, Markenwahrnehmung oder Sales haben.
Mehr über die wichtigsten Guidelines und Prinzipien des UX-Writing und welche Herausforderungen einem dabei begegnen, gibts dann in einem weiteren Blog…to be continued.
Hilfreiche Literatur, Blogs & Talk
Torrey Podmajersky: Strategic Writing for UX (z.B. erhältlich bei Orell Füssli)
Kinneret Yifrah: UX Writing & Microcopy (z.B. erhältlich bei Orell Füssli)
Claudia Sinnig: UX-Writing . 8 Guidelines für gute UX-Texte (Blog Beitrag)
Thomas Kemp: UX Writing: Wie du mit smarten Texten dein Produkt bereicherst (Blog Beitrag)
Google I/O 2017: How words can make your product stand out (Keynote Speech)
Readymag Blog: Writing is designing: Content designers on how to drive user experience with every word (Blog Beitrag)
Apple WWDC2022: Writing for Interfaces